Die Freiwillige Feuerwehr Ybbsitz von 1889 bis 1939
Anfang Dezember 1888 regte der Gastwirt, Bäcker- und Müllermeister Leopold Hafner im Gemeinderat auch für Ybbsitz die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr an und bereits am 26. Jänner 1889 berichtet Bürgermeister Josef Schmaderer in einer Sitzung des Gemeindeausschusses, das sich schon 45 Mann zum Eintritt in dieselbe bereit erklärt hätten. Der Ausschuß beauftragt ihn darauf, eine Versammlung der Angemeldeten zum Zwecke der Wahl des Vorstandes sowie der Konstituierung des Vereines “Freiwillige Feuerwehr des Marktes Ybbsitz” einzuberufen. Obmann und damit erster Kommandant wird Joesf Windischbauer und noch vor der Erfüllung aller Auflagen gegenüber der Behörde, plant man bereits den Bau eines Zeughauses. Die schon vorhanden Geräte müssen untergebracht und für neue entsprechende Räume geschaffen werden. Als die Gemeinde ihre Unterstützung zusagt und auch den Grund zur Verfügung stellt, fällt noch am 27. April des gleichen Jahres der Beschluss, hinter dem Rathaus ein modernes, allen Anforderungen entsprechendes Feuerwehrdepot zu errichten. Es wird am 13. Oktober 1889 seiner Bestimmung übergeben und dokumentiert auch äußerlich den Beginn einer neuen Ära.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges stellte die Feuerwehr vor eine schwere Aufgabe. Gleich zu Beginn mussten 32 Mann einrücken, später weitere sechzehn. Über Auftrag der politischen Behörde übernahm daher im Jahr 1914 eine von daheimgebliebenen gebildete “Bürgerwehr” unter dem Kommando von Bürgermeister Franz Germershausen den Brand- und Katastrophenschutz bis zum Ende des Krieges, aus dem viele, darunter auch 13 Mann der Ybbsitzer Feuerwehr, nicht mehr zurück kamen.
Am 14. Mai 1922 wird zur Erinnerung an diese Gefallenen am Feuerwehrdepot eine Gedenktafel enthüllt. Die schwersten Jahre scheinen überwunden und wie auf allen Gebieten hält die Motorisierung auch bei der Feuerwehr ihren Einzug. Zu einem Fest gestaltet sich daher das Eintreffen der mit Unterstützung der Geminde angeschafften fahrbaren Motospritze (4 Zylinder, 4-Takt, 25 PS, Fa. Rosenbauer), deren Weihe am 14. Juni 1925 stattfindet. Ein Jahr später (1926) wird die erste Alarmsirene erprobt. Nach ursprünglichen Überlegungen, diese in der Laterne des Kirchturmes zu montieren, entschließt man sich jedoch letztlich für einen Platz unterhalb des Hauses “Leherbauer”. Mittels unterschiedlicher Signale (auf- und abschwellender Ton bedeutet Brand im Markt, gleichbleibender Ton signalisiert Feuer außerhalb) vermag man nun besser zu alarmieren, was wiederum der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr zugute kommt. Der Schalter befindet sich am Försterhaus (heute Markt 16) in einem versperrten Kästchen unter Glas, wodurch unbefugte Auslösung der Sirene verhindert werden soll. Samstag Mittag um genau 12 Uhr erfolgt die Probe, eine Maßnahme, welche sich bis heute erhalten hat.
Eine weitere technische Verbesserung erfährt die Feuerwehr im Jahre 1930, als, wieder mit Unterstützung der Gemeinde, eine tragbare Motorspritze (4 Zylinder, 4-Takt, 15 PS, Fa. Rosenbauer) angeschafft wird. 1931 steht die große Sägewerksanlage des Leopold Hubegger in Flammen und da Gefahr für den Ort besteht, müssen sogar die Feuerwehren Waidhofen und Zell an der Ybbs zur Hilfe gerufen werden. Trotzdem brennt die Säge vollständig nieder, der Einsatz der Löschtrupps verhindert aber ein Übergreifen des Feuers auf das Wohnhaus und andere umliegende Gebäude.
Als Folge dieses Ereignisses und um eine ähnliche Katastrophe innerhalb ihrer Betriebsanlagen zu verhindern, wird im Herbst 1931 die “Werksfeuerwehr Riesswerke Maisberg” gegründet. Sie besteht bis zum Jahre 1939 und führt hauptsächlich werksinterne Einsätze, aber auch Hilfeleistungen gemeinsam mit der Ortsfeuerwehr durch.
Um die Feuerwehr aus dem immer heftiger werdenden Streit der Parteien herauszuhalten, gibt der niederösterreichische Landesfeuerwehrverband erstmals 1933 die Weisung aus, dass jede politische Tätigkeit innerhalb ihrer Reihen verboten sei. Vielmehr wäre das Hauptaugenmerk auf die Verbesserung ihrer Einsatzbereitschaft zu richten, wozu der Besuch von Kursen angeboten wird. Ab 1934 darf sie auch zu Ordnerdiensten nicht mehr herangezogen werden, sehr wohl jedoch zu Zwecken des Ortschutzes, wenn auch nicht korporativ in dienstlicher oder kommandoführender Form. im Jahre 1935 wird der Vorstand mit der Wahrnehmung des Luftschutzes betraut, 1936 übernimmt die Feuerwehr insgesamt - anstelle eines in vielen Orten gegründeten “Luftschutzvereins” - diese Aufgabe.
Auch die Ybbsitzer Feuerwehr hält das Nordlicht Anfang des Jahres 1938 für einen großen Brand. Tatsächlich erweist es sich jedoch als harmlos, gibt aber jenen recht, die es als Zeichen eines viel ärgeren, noch bevorstehenden Unglücks deuten. Mit dem “Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. November 1938” wure im großen geregelt, was seit den Märztagen dieses Jahres auch in der hiesigen Feuerwehr für viel Unruhe gesorgt hatte. Es gab Streit in der Führung, Zurücklegung bzw. Wiederaufnahme von Funktionen, bis mit der Absage an das Vereinsprinzip, das heißt dem Abgehen von der freien Wahl des Vorstandes durch die Mannschaft, eindeutige, von vielen jedoch nicht gewollte Zustände, eintraten: Aus der Freiwilligen Feuerwehr Ybbsitz wurde eine “Technische Hilfspolizeitruppe für Hilfeleistungen bei öffentlichen Notständen aller Art”, sie wurde als Verein aufgelöst und ihre Mitglieder der SS- und Polizeigerichtsbarkeit unterstellt.
Trotzdem, ihr seit Jahrhunderten auf Gott und den nächsten ausgerichtetes Ziel ließ sie auch diese Zeiten überstehen.
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
Im Jänner 1939 wurde die Jahreshauptversammlung noch nach althergebrachten Bestimmung durchgeführt. Feuerwehrhauptmann war Hans Wojak, Stellvertreter Eduard Sonneck, Bezirksverbandsmitglied allerdings Peter Seisenbacher. Zwischen Hauptmann und Stellvertreter dürfte es ziemliche Spannungen gegeben haben. Es kam so weit, dass Feuerwehrhauptmann Wojak, der Zeit entsprechend auf das Führungsprinzip pochend, seinen Stellvertreter entheben wollte. Dies wurde aber durch Einflussnahme von Peter Seisenbacher, der das politische Element in der Wehr vertreten hatte und durch die Mannschaft, der die demokratischen Spielregeln noch in Fleisch und Blut steckten, verhindert. Interessent ist, dass man Jakob Kupfer, den Bürgermeister bis 1938, in eine führende Position in der Wehr hieven wollte, was dieser mit viel diplomatischem Geschick ablehnte. Der Streit endete mit der Amtsniederlegung durch Hans Wojak und mit der Berufung von Eduard Sonneck zum Feuerwehrhauptmann.
Aus den Aufzeichnungen des Jahres 1939 werden die Kriegsvorbereitungen ziemlich deutlich: Ausrüstung mit Gasmasken, Verhalten bei Fliegeralarm, Verteilung der Löschgeräte auf verschiedene Standorte, Einführung eines Nachtdienstes. Die Sterbekasse wandelte man in eine Lebensversicherung um, die Uniformierung erfolgte neu. Vom 2. Oktober 1939 ist die letzte Aufzeichnung im Protokollbuch, dann klafft eine Lücke bis 25. Jänner 1948. Es ist ungewiss, führte man während des Zweiten Weltkrieges keine Aufzeichnungen oder vernichtete man zu Kriegsende die Niederschriften der Kriegsjahre. Jedenfalls dürfte im Mai 1945 die FF Ybbsitz darniedergelegen sein, sodass man praktisch einen Neuaufbau durchführen musste.
Die erste Jahreshauptversammlung nach Gründung der zweiten Republik fand am 25. Jänner 1947 im Gasthaus Heigl statt. Dabei wurde das Kommando gewählt. Hauptmann wurde Leopold Schörghuber, Stellvertreter Josef Heigl. Das einzige damals noch lebende Gründungsmitglied, Johann Bittermann, machte man zum Ehrenmitglied. Vom Wiederaufbau der Wehr nach Kriegsende wird erst in einem Protokoll aus dem Jahre 1954 berichtet.
Als Leopold Schörghuber aus dem aktiven Feuerwehrdienst ausschied, hielt ihm Bürgermeister Jakob Kupfer eine Laudatio, in der er ausführte:
“1945 stand man in einem Zeughaus der Verwüstung. Damals war es Leopold Schörghuber, der Gerät um Gerät instandsetzte und der die verbliebenen Uniformen säuberte.” Leopold Schörghuber war es auch, der am 25. September 1945, von Bürgermeister Kupfer unterstütz, die erste Übung nach dem Krieg einberief. Der erste Feuerwehrball nach dem Krieg wurde zusammen mit dem Glückshafen am 20.11.1948 abgehalten. Dazu war noch die Genehmigung der russischen Kommandantur erforderlich. Die ersten Nachkriegsjahre erforderte von den Wehrmännern viel Improvisationsaufgabe um die vorhanden Geräte Einsatzbereit zu halten. Enorme Schwierigkeiten bereitete die Benzinbeschaffung. Oft war der Treibstoff derart schlecht, dass die motorbetriebenen Pumpen versagten und man wieder auf Handspritzen zurück greifen musste. Es gab keine einheitliche Uniformierung, verwendet wurde alles, was greifbar war - Ausrüstungsgegenstände aus der Vorkriegszeit und aus verbliebenen Wehrmachtsbeständen. Bereits 1947 wir ein LKW erwähnt, der der Gemeinde gehörte, der aber auch der Feuerwehr bei Einsätzen zur Verfügung stand. Probleme bereitete die Alarmierung und es dauerte einige Zeit, bis man eine neue Sirene auftrieb. Das Schlauchmaterial war schlecht, neue, gute Schläuche waren kaum zu bekommen.
Etwas besser wurde die Schlagkraft der Wehr erst 1948, als man eine neue Pumpe RW80 ankaufte. Um 1950 konnte man endlich darangehen, die Uniformierung zu vereinheitlichen, vor allem jedem Wehrmann die gleiche Einsatzuniform zur Verfügung zu stellen. Das erste Einsatzfahrzeug wurde 1955 angekauft, ein gebrauchter Jeep, dem bald ein zweiter Folgte. 1958 schaffte man wieder eine Spritze an, die RVW 75, die bis 1988 ihren Dienst versah. Ein Problem stellte immer die Geldbeschaffung dar. Der Wehr kam zugute, das sie eine Körperschaft öffentlichen Rechts wurde und also Anspruch auf eine Mindestausrüstung hatte, für deren Beschaffung die Gemeinde verantwortlich gemacht wurde. Die Finanzierung spielte sich zwischen Eigenmitteln der Wehr, Zuwendungen durch die Gemeinden und Subventionen des Landes immer mehr ein und die Wehr Ybbsitz gewann Zusehens an Schlagkraft.
1963 erwarb man das erste Löschfahrzeug, 1968 das erste Tanklöschfahrzeug. Die Wehr Ybbsitz war in den siebziger Jahren eine der ersten, die auf die vom Landesverband vorgeschriebene Mindestausrüstung verweisen konnte.
Am 13.08.1972 erfolgte in Verbindung mit dem Abschnittsfeuerwehrtag die Segnung des neuen Feuerwehrhauses in der alten Poststraße. In den darauffolgenden Jahren wurde die Erneuerung von den Fahrzeugen und Geräten weiter fortgesetzt und erkannt, das in unserem Gebiet allradgetriebene Fahrzeuge gebraucht werden.